Künstlerische Handschrift
Die Rabtaldirndln sind ein vierköpfiges Theaterkollektiv aus Graz, das seit 2003 kontinuierlich an seiner eigenen Formensprache in der Besetzung Barbara Carli, Rosa Degen-Faschinger, Bea Dermond, Gudrun Maier und Gerda Saiko (bis 2021) arbeitet. Das Kollektiv macht sich Performance- und Theaterelemente zu eigen, um daraus zeitgenössische Theaterabende zu entwickeln. Die Inszenierungen sind von universeller Gültigkeit, versehen mit popkulturellen Elementen und sie zielen häufig mit großen Sensibilität auf relevante Themen.
In ihren Arbeiten spiegeln sich die Widersprüchlichkeiten des ländlichen Lebens: der bürgerlich-patriarchale Druck, den eine Dorfgemeinschaft ausübt einerseits, Gemeinschaft, Wärme und Identifikation andererseits. Dieses Spannungsfeld wird in unterschiedlichen Themenfeldern immer wieder neu reflektiert. Den Rabtaldirndln geht es um Lebensrealitäten, Lebenswelten und Lebensunwirtlichkeiten. Diese Arbeit im Spannungsfeld zwischen Stadt- und Landkultur ist ein wichtiges Merkmal der Rabtaldirndln.
Auf der Bühne als rein weibliches Kollektiv sichtbar, klopfen sie verlässlich die Themen auf weibliche Perspektiven hin ab. Sie wollen ihrem Publikum nichts vorsetzen, sie wollen sich aussetzen. Sie möchten Horizonte erweitern, den eigenen und jenen des Publikums; die großen und kleinen Fragen des Lebens verhandeln und dabei den Humor nicht verlieren.
Regionale Vernetzung und internationale Strahlkraft
Die Rabtaldirndln fühlen sich überall zu Hause. Die Theatersprache, die sie auszeichnet, kann als eine im besten Sinne universelle bezeichnet werden. Sie spricht alle Generationen an, wird sowohl im städtischen als auch im ländlichen Kontext verstanden und – meistens – geliebt. Sie kooperieren dabei bewusst sowohl mit kleinen Kulturinitiativen als auch großen Koproduktionshäusern. In der Scheune am Vierkanthof, im kleinen Blackboxtheater der Provinzstadt sind sie ebenso daheim wie auf der renommierten Stadttheaterbühne der Landeshauptstadt oder auf dem internationalen Performancefestival.
Kontinuität und Kollaborationen
Die Stücke der Rabtaldirndln entstehen meist in Koproduktion, Kooperation oder Kollaboration mit (inter)nationalen Partnerinnen und Partnern. Im ständigen Dialog oder partiellen Austausch werden Themen entwickelt, inhaltliche Entscheidungen getroffen und auf ihre gesellschaftliche Relevanz in den unterschiedlichsten Kontexten überprüft.
Sämtliche Stücke der Rabtaldirndln werden sowohl künstlerisch als auch produktionstechnisch selbstständig vom Kollektiv erarbeitet und abgewickelt.
Hoftheater Hainersdorf
Im Jahr 2017 wagten die Rabtaldirndln den Schritt nach Hainersdorf und gründeten dort das Hoftheater Hainersdorf, das bienal bespielt wird. Fünf Uraufführungen bestätigen den immensen Bedarf an zeitgenössischer Theaterarbeit am Land und zeigen, dass die Arbeit der Rabtaldirndln genau dafür prädestiniert ist.
Die Rabtaldirndln haben also ganz ohne die Praxis des konservativ-kommerziellen Volkstheaters zu bedienen, etwas völlig Eigenständiges und Neues etabliert. In diesem Sinn ist das Hoftheater Hainersdorf zwar angebunden an das Volkstheater auf Bauernhöfen, deren Besuch zur ländlichen Gewohnheit in vielen Orten gehört. Es fokussiert aber zugleich auf das zeitgemäße Leben, Empfinden und Denken der heute dort lebenden Bevölkerung. Das Bewusstsein, das Verhalten, die Rituale – alle jene Elemente, die die Identität der Menschen am Land formen, sind interessant für die künstlerische Praxis der Rabtaldirndln.
In Hainersdorf ist es jedenfalls gelungen, zeitgenössisches Theater an eine Bevölkerung anzubinden, die ihr kollektives Theatergedächtnis aus traditionellen Theaterformen schöpft. Die Rabtaldirndln haben es geschafft, in diesem Umfeld etwas Eigenständiges und Neues zu etablieren. Inhaltlich nahe an der Lebensrealität der Menschen vor Ort und künstlerisch auf Höhe der Zeit.
Man kann den Rabtaldirndln keine größere Freude machen, als sie zu besuchen.